Geschichte der Akazia

In den Jahren um 1816 entschlossen sich einige in Winterthur und im nahen Thurgau ansässige Freimaurer, in Winterthur eine eigene Loge zu gründen. Im Haus zum "Scherbenhof" in Weinfelden, dem Wohnsitz von Regierungsrat und Bruder Johann Joachim Reinhart, wurde am 8. Juli 1820 die "Gesellschaft zum Werkhof" mit Sitz in Winterthur gegründet. Bereits am 28. September 1820 waren die Logenräume eingerichtet, und am 8. Dezember wurde das Konstitutionsgesuch, von 13 Brüdern unterzeichnet, dem Direktorium des Schottisch Rektifizierten Ordens in Zürich eingereicht. Am 8. Januar 1821 traf die schriftliche Zusicherung in Winterthur ein, wodurch sich die neue Loge mit dem Namen AKAZIA als vollkommen und gerecht bezeichnen durfte.

Ab 1822 beteiligte sie sich intensiv an den Einigungsbestrebungen der Schweizer Logen, die schliesslich 1844 zur Gründung der Schweizerischen Grossloge Alpina (SGLA) führten.

Die AKAZIA überlebte verschiedene Krisen, 1830-1837 bedingt durch politische Auseinandersetzungen im Kanton Zürich. 1848/49 und nochmals 1862/66 konnten keine geeigneten Logenräume gefunden werden, wodurch das Logenleben stark beeinträchtigt wurde. Ende der 1930er Jahre kämpfte sie mit grosser Entschlossenheit gegen das Freimaurerverbot in der Schweiz, verlor dabei aber einen Drittel der Mitglieder. Die AKAZIA hatte das Glück, dass ihr immer wieder beherzte Brüder neue Frischzellenkuren verpassten.


Bilder: Donato Caspari, Thurgauer Zeitung 2020
In den Jahren 1820 bis 1866 waren die Logenräume in den Liegenschaften zum "Werkhof" und zum "Löwenstein" mietweise untergebracht. 1866 erbaute sie ihr erstes eigenes Logenhaus. Das stete Wachstum der Bruderkette verlangte nach geräumiger Unterkunft, so dass 1904 das Haus zur "Bauhütte" am oberen Graben verkauft wurde, um in das neuerbaute Haus zur "AKAZIA" an der Schwalmenackerstrasse 7 umzuziehen. Seither arbeitet die Loge in diesem denkmalgeschützten Jugendstilhaus.

Die Wohlfahrtspflege lag der Loge von Anbeginn an am Herzen, und sie rief eine Anzahl gemeinnütziger Institutionen ins Leben. Das am 19.1.1833 gegründete Schwesternkränzchen betreute mit persönlicher Hilfe arme Wöchnerinnen, ab 1854 übernahm die Loge in Zusammenarbeit mit verschiedenen Kirchgemeinden Patenschaften für Pflegekinder. Auf ihre Initiative hin wurde 1907 das Winterthurer Brockenhaus eröffnet, das zusammen mit der Loge bedrängten Mitmenschen Hilfe leistete.

1946 und 1968 beteiligte sich die AKAZIA mit namhaften Beiträgen an der Stiftung der SGLA zur Finanzierung des Kaufs von zwei Häusern im Kinderdorf Pestalozzi in Trogen.

Am 22. August 1875 wurde unter den Auspizien des Alten und Angenommenen Schottischen Ritus AASR die Loge "Freier Rhein" in Schaffhausen gegründet. 10 Brüder der AKAZIA und anderer Alpina-Logen schlossen sich vorerst zu einem Kränzchen zusammen, um dann nach der Einigung der SGLA mit dem AASR 1877 in die Schaffhauser Loge zu affilieren. Da sich aber die Loge nicht an die Verfassung der Alpina hielt, fiel ausgerechnet Bruder Ernst C. Jung, dem damaligen Grossmeister und gleichzeitig Stuhlmeister der AKAZIA, die unangenehme Aufgabe zu, die Schaffhauser Brüder zu drängen, die Loge "Freier Rhein" aufzulösen. Einige kehrten in die Bruderkette der AKAZIA zurück und gründeten 1895 das "Kränzchen" in Schaffhausen. Erst 1981 entstand dann in Schaffhausen die Loge "St. Johann am Rhein", mit der uns sehr freundschaftliche Beziehungen verbinden.

1993 entschlossen sich sieben Brüder, die AKAZIA zu verlassen, um in Islikon die Loge "Wahrheit in Liebe" zu gründen.

Rechtzeitig auf die 175-Jahrfeier der AKAZIA konnte in den Jahren 1993/94 die grosse Renovation des Logenhauses ausgeführt werden. Gleichzeitig wurde das Jugendstil-Gebäude unter Denkmalschutz gestellt. Mit der Errichtung der "Stiftung AKAZIA" wurde der Erhalt des kulturhistorisch sehr wertvollen Logenhauses sichergestellt. Wie anno 1904 war die Bruderschaft auch 1993 wiederum bereit, mit bedeutenden Spenden die grossen Bauarbeiten zu ermöglichen. Auch der Denkmalpflegebeitrag der Stadt Winterthur trug dazu bei, dass die Liegenschaft der nächsten Generation ohne Fremdkapital weitergereicht wurde.

An drei Anlässen wurde 1995 die im Jahre 1820 erfolgte Gründung der Loge AKAZIA gefeiert. So gedachte man am 7./8. Juli 1995 auf dem Schloss Wolfsberg ob Ermatingen des Beschlusses zur Errichtung einer Loge in Winterthur. Am 8. September 1995 wurde im Sinne einer Öffentlichkeitsarbeit mit der Neuen Helvetischen Gesellschaft und dem Historischen Verein Winterthur im Logenhaus ein gemeinsamer Vortragsabend durchgeführt mit über 100 Teilnehmern. Am Johannisfest vom 14. Januar 1996 fand die 175-Jahresfeier mit einer Festloge einen würdigen Abschluss.

2004 wurde dem Bezug des Logenhauses an der Schwalmenackerstrasse im Jahr 1904 gedacht. Ein öffentlicher Festvortrag im Juni 2004 brachte der Öffentlichkeit die kunsthistorische und symbolische Bedeutung des Hauses näher. Am 5. November 2004 beging die Loge intern, mit einer weissen Loge nach einem Ritual von 1904, das 100-jährige Bestehen des Hauses, und am darauffolgenden Tag wurde mit einer Tafelloge des Einweihungstages vor 100 Jahren gedacht. Rechtzeitig auf den Weihnachtsverkauf 2004 erschien das 336. Neujahrsblatt der Stadtbibliothek Winterthur, welches sich speziell dem Logenhaus und seinem Architekten E.C. Jung widmet. Dieses wissenschaftliche Werk legt die Geschichte der Akazia und ihrer Logengebäude in Winterthur vor, mit speziellem Augenmerk auf die Symbolik des aktuellen Logengebäudes.

In den folgenden zwanzig Jahren hat sich die AKAZIA stark verjüngt dank dem steten Zustrom interessierter Männer. Sie wuchs um etwa die Hälfte auf über 60 Mitglieder, und sie hat mit neuen, erweiterten Formen der Logenarbeit auf das wachsende Bedürfnis nach Interaktion geantwortet, ohne dabei die Tradition zu schmälern.

So hat die AKAZIA auch in den Jahren der Corona-Pandemie dank einem Nebeneinander von virtueller und reeller Präsenz ihre Arbeit zu keinem Zeitpunkt eingestellt, und im Jahr 2020 trotz misslichen Umständen ein ganz besonderes Jubiläumsjahr zum 200jährigen Bestehen gefeiert. Schon zwei Monate nach der mit über 110 Teilnehmern äusserst dicht besetzten Festloge am 12. Januar und nur wenige Tage dem öffentlichen Jubiläumskonzert mit den Winterthurer Philharmonikern am 8. März wurde das öffentliche Leben stillgelegt. Zwei weitere Anlässe fanden nach dem Lockdown im Freien statt. Mit der Einweihung des renovierten Jonas Furrer Denkmals konnte die Zusammenarbeit mit der Stadt Winterthur und ihren Institutionen exemplarisch gefeiert werden, und am Publikumsanlass am oberen Graben durften wir einen Samstag lang die Bevölkerung über unser Tun informieren, was bei Wurst und einem freien Getränk auf viel Anklang stiess.

Wir haben mit der Winterthurer Associazione Shalom in den 2020er Jahren eine enge Zusammenarbeit etabliert und unterstützen das Schaffen von Don Alberto Ferrara und seinem Team tatkräftig.

Die Loge AKAZIA will im kulturellen Leben und im gesellschaftlichen Umfeld der Stadt Winterthur ihren festen Platz einnehmen und geniesst demzufolge auch ein entsprechend gutes Ansehen.

Aus der Loge "AKAZIA" sind drei Grossmeister der SGLA hervorgegangen: Bruder Ernst C. Jung (1884-90), Bruder Fritz Brandenberg (1925-30) und Bruder Paul Bauhofer (1974-78). Auch hat die Loge drei Grosslogentagungen in Winterthur organisiert und durchgeführt, erstmals im Jahr 1949 und dann in den Jahren 1964 und 2008. Im Archiv der Loge werden interessante Dokumente, Zeichnungen und Schriften aus dem 19./20. Jahrhundert aufbewahrt.

Zweimal im Monat versammeln sich die Brüder der Loge "AKAZIA" zur Arbeit im Logengebäude an der Schwalmenackerstrasse. Es finden gelegentlich "weisse Logen" und öffentliche Veranstaltungen statt.